Verkehrsunfall Jamaica-Style

Mit einem kniffligen Versicherungsfall konfrontierte uns die Tochter einer Kundin, als sie sich das Auto Ihrer Mutter für eine Shoppingtour ausborgte. Kurz nach Fahrtbeginn streifte sie ein entgegenkommendes Fahrzeug. Statt anzuhalten, setzte sie die Fahrt jedoch fort, ehe sie nach zehn Minuten ein Verkehrszeichen rammte und zum Stillstand kam.

Die sogleich aufmarschierte Polizei nahm ihr Blut und den Führerschein ab. Da der Alkoholtest negativ war, wurde sie zu weiteren Untersuchungen ins Landesklinikum geschickt. An den gesamten Vorfall hat sie keine Erinnerung. Ursprünglich wurde eine Nebenwirkung von Medikamenten vermutet. Der Blutbefund ergab jedoch, dass neben Medikamenten auch Marihuana konsumiert wurde.

 

Ablehnung wegen Suchtgiftbeeinträchtigung

Der Schadenreferent der Versicherung teilte uns mit, dass die Versicherung im Falle einer Alkoholisierung oder Suchtmittelmissbrauchs bei einem Kaskoschaden nicht bezahlen müssen. Er zitierte dazu Artikel 6 2.2. der Kaskobedingungen (Obliegenheiten, deren Verstoß zur Leistungsfreiheit führt):

2.2 dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.

 

Nun ist das ein Fall von selektiver Wahrnehmung, denn im Artikel 6.2.2 geht noch weiter:

2.2 dass sich der Lenker nicht in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet.

Die Verpflichtung zur Leistung bleibt gegenüber dem Versicherungsnehmer und den versicherten Personen bestehen, wenn für diese die Obliegenheitsverletzung ohne Verschulden nicht erkennbar war.

Wir erinnern uns: Versicherungsnehmer war in diesem Fall die Mutter. Sofern sie also nicht wusste, dass ihre Tochter unter Suchtgifteinfluss stand, muss die Kaskoversicherung bezahlen.

 

Regress-Androhung

Nachdem wir die Versicherung darauf hinwiesen, meinte diese, dass sie den Schaden dann zwar übernehmen würden, sich aber an der Tochter regressieren würden, sprich das Geld von ihr wieder zurückholen.

 

Wir verwiesen die Versicherung daraufhin auf § 67 (2) des Versicherungsvertragsgesetzes, welcher den Regress regelt:

(2) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen, so ist der Übergang ausgeschlossen; der Anspruch geht jedoch über, wenn der Angehörige den Schaden vorsätzlich verursacht hat.

Auf gut Deutsch: Ein Regress an Verwandten im gleichen Haushalt ist nur möglich, wenn diese den Schaden absichtlich herbeigeführt haben. Im vorliegenden Fall traf das nicht zu, d.h. der Versicherung steht auch das Regressrecht nicht zu.

 

Beim Haftpflichtschaden - also dem Schaden am anderen Fahrzeug und dem Verkehrszeichen - gelten diese Regelungen nicht. Hier kann sich die Versicherung am Lenker bis 11.000 Euro regressieren. Da das entgegenkommende Fahrzeug nur noch einen geringen Zeitwert hatte, fiel die Zahlung aber Recht niedrig aus. Den Kasko-Schaden am eigenen Fahrzeug - immerhin über 8.000 Euro - musste die Versicherung nach unseren Ausführungen zur Gänze übernehmen.

 

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